Montepiano - Vaiano

Die heutige Wanderung führt uns von Montepiano entlang der Via della Lana della Seta durch den Norden der Toskana nach Vaiano. Direkt hinter der Kirche geht es auf den Weg 0058 der VLS und wir gehen durch einige gut passierbare Forstwege und über eine interessante Schotterstrecke in den Wald. Dort wartet jedoch eine fast unpassierbare Dornen- und Gestrüpppassage auf uns, bei der man am Anfang nicht ahnen kann, ob sie nur 500 m oder 5 km beträgt. Wir haben uns durch diese Passage durchgekämpft, mit der Konsequenz deutlicher Kratzspuren an den Beinen und Armen und kamen in Wald- und Bergwegen an die uns in der Regel talabwärts bis zum fast verlassenen Weiler Rocca du Vernio führten.Von dort aus geht es einen sportlichen Weg über Schottersteine bergab bis nach Vernio, wo die Möglichkeit einer kurzen Einkehr besteht. Der Weg führt uns dann weiter, hauptsächlich entlang der gut befahrenen Landstraße durch einige kleinere Straßendörfer und letztlich bis zu unserem Zielort bei Vaiano und dem dortigen Bahnhof, den wir genutzt haben, um in Prato zu übernachten, da vor Ort selber nur rudimentäre Übernachtungsmöglichkeiten waren.

 

Datum19.06.2025
StartMontepiano
Via 1Gorandaccio
Via 2Vernio
Via 3Terrigoli
Via 4Carmignanello
EndeVaiano
Km20,12
Hm190
Bruttozeit06:09
Nettozeit04:47
Landschaft (max 10)6,5 schöne Bergpanoramen mit Blick bis Prato aber auch lange Landstraßenpassagen
Wetter (max 10)2,5 Sehr warm (32 C)
Schwierigkeit (max 10)7,5 mittlere Etappe mit einigen Höhenmetern und teilweise schwierigen und verwilderten Wanderwegen und verkehrsreiche Landstraße
BegleitungN/A
Begegnungen

Am Ruhetag in Montepiano, nach einem verregneten Vortag, traf ich im *Hotel Margarita* drei Mountainbiker aus Salzburg. Ihr Ziel: eine Tour von der Mittelmeer- zur Adriaküste, quer durch die Apenninen.

Im Gespräch berichteten sie von ihrer Route, Herausforderungen und der besonderen Dynamik des Radreisens. Für mich war es interessant, auch mal die Perspektive vom Sattel aus kennenzulernen. Radfahren könnte spannend sein – wenn man nicht mit schmerzenden Beinen, unbequemen Sätteln und Sturzgefahr kämpfen müsste. Falls es hierfür Lösungen gibt: gerne her damit.

Ein besonders einprägsamer Kommentar war ihr Vergleich: „Wer einmal E-Bike fährt, kehrt nicht mehr zum Fahrrad zurück – so wie der Rollator seinen Nutzer nicht mehr loslässt.“

ErfahrungenAm Zielort standen keine geeigneten Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung. Alternativ bestand die Option, ein Zelt zu nutzen. Ich entschied mich jedoch dafür, mit dem Zug nach Prato zu fahren, dort zu übernachten und am nächsten Morgen zur Fortsetzung der Etappe zurückzukehren.
Das Lösen der Fahrkarte sowie die Anzeige der Zugformation dauerten am Automaten weniger als 60 Sekunden – inklusive der Möglichkeit, Deutsch als Sprache auszuwählen. Ein durchdachtes Tarifsystem, logische Buchungsoptionen und ein funktionierendes Zahlungssystem. Eine Benutzerfreundlichkeit, die man sich auch in Deutschland wünschen würde.
HighlightDer Ausblick auf Prato und das Ende der Apenninen
Fitness8,5 (nur die Mückenstiche)
Projekt km total
1.408,73
Projekt hm total
18.026,00
Unterkunft (max 10)N/A übernachtet in Prato vgl. E067
Album des Tages3⭐️ Green River, Creedence, Clearwater Revival,1969
Story

**Zwei Pilger – eine Route, fünf Jahrhunderte entfernt**
*Eine Erzählung über Wege, die verbinden.*

Meine Reise beginnt in **Erkelenz** – meiner Heimatstadt und dem Ort, an dem sich bereits vor über 500 Jahren ein anderer Pilger auf den Weg machte: **Arnold von Harff**, ein junger Ritter vom Niederrhein. Auch er kannte Erkelenz, vielleicht sogar besser, als man es heute ahnt – denn hier lagen seine familiären Wurzeln. Ich denke oft daran, wenn ich morgens aufbreche: dass meine ersten Schritte die Wiederholung einer viel älteren Reise sein könnten.

Arnold verließ 1496 das Rheinland mit dem Ziel Rom, später Jerusalem. Er startete in Köln, betete am Dreikönigsschrein und dokumentierte seine Reise in einem Bericht, der noch heute erhalten ist. Ich wandere nicht in Rüstung, sondern mit festem Schuhwerk. Ich trage keine Fahne, aber denselben Wunsch in mir: unterwegs zu sein, achtsam, dem Weg überlassen.

### **Durch das alte Reich**
Mein Weg führte mich zu Fuß durch viele Orte, die Arnold ebenfalls bereiste – oder in seiner Sprache beschrieb: *Nazereit* (Nassereith), *Landegg* (Landeck), *Sterzinga* (Sterzing), *Brixina* (Brixen). Auch wenn sich die Namen geändert haben, erkenne ich in ihren Klängen ein Echo seiner Zeit.

In Nassereith machte ich Rast – wie einst Arnold, der dort mit seinem Pferd verweilte. In Landeck spürte ich die Erschöpfung des langen Anstiegs – dieselben Berge, derselbe Himmel, nur andere Geschichten. Und auch in Sterzing und Brixen begegnete mir eine Mischung aus Geschichte und Gastfreundschaft, die ich mir in seiner Zeit ähnlich vorstelle.

### **Toskana – Florenz und Prato**
*Florenz* – bei Arnold als *Florentz* überliefert – war für ihn ein Zentrum der Kunst, des Glaubens, des Handels. Auch ich erreichte die Stadt zu Fuß, staunend, erschöpft, überwältigt. Zwischen Kathedrale und Café spürte ich: Auch wenn die Sprache und das Leben sich verändert haben, ist die Würde dieses Ortes geblieben.

*Prato*, das bei Arnold nicht ausdrücklich erwähnt wird, wurde für mich zum bedeutenden Zwischenziel. Eine Unterkunft, ein ruhiger Abend – und die Entscheidung, am nächsten Morgen zurückzukehren zur Fortsetzung meiner Route. Vielleicht hätte auch er hier gerastet, hätte es sich auf seinem Weg ergeben.

### **Zwei Reisen – ein Gedanke**
Arnold von Harff suchte Buße, Erkenntnis und das Heilige. Ich suche Klarheit, Verbindung und Tiefe – nicht in Reliquien, sondern im Gehen selbst. Seine Chronik wurde zu einem Zeitdokument. Mein Weg ist vielleicht weniger aufwendig beschrieben, aber ebenso bedeutsam – weil jeder Schritt mich mit Geschichte, Landschaft und mir selbst verbindet.

Manchmal stelle ich mir vor, wie er mir auf einem schmalen Pfad entgegenkäme – mit Rüstung, Handschuhen, aber einem offenen Blick. Vielleicht würde er meinen Wanderstock mustern, dann nicken und sagen:
**„Wohl auf, Pilger. Der Weg gehört dir – dree Schrietts föhr ung twe toröck.“